Lehrer-Alltag: Lustiges aus dem Chemieunterricht

Ich war mir lange nicht sicher, ob ich hier auf dem Blog über mein Lehrersein schreiben möchte, weil es vielleicht nicht so richtig hierher passt und weil ich natürlich aufpassen muss, was ich von mir gebe. Wer weiß, wer alles mitliest. Aber da ich einige wirklich lustige und interessante Sachen zu erzählen habe und jeder was mit Schule anfangen kann, probiere ich es heute einfach mal. Schreibt mir gerne in die Kommentare, ob ihr euch das weiter wünscht oder lieber doch nicht. Wenn ja, könnt ihr mir auch gerne Fragen stellen, die ich dann beantworte. Ich arbeite übrigens an einem Frankfurter Gymnasium.
Warum bin ich überhaupt Chemielehrerin geworden?
 
Lehrerin wollte ich schon immer werden. Alternativ auch mal Architektin oder was mit Werbung, aber nur, wenn das mit dem Lehrerwerden nicht klappen sollte. Erst sollte es für die Grundschule sein, dann lieber doch fürs Gymnasium. Damit ich mich nicht zu schnell langweile. Mathe und Musik! Ganz sicher. Mathe war schon immer mein Lieblingsfach und Klavier kann ich auch ganz gut spielen. Ich habe sogar extra noch Gitarre dazu gelernt. Flöte und Geige habe ich mir selbst beigebracht. Und jetzt fragt ich euch zu Recht, wo die Chemie bleibt. Der Musik-LK ist leider damals nicht zu Stande gekommen, also musste ich mich umentscheiden. Naja, mach ich halt Chemie, das kann ich gut, passt. Musik sollte das dritte Prüfungsfach werden. Mit einer guten Note im Abi hätte ich dann an die Musikhochschule in Frankfurt wechseln können. HÄTTE! Jetzt stempelt mich bitte nicht alle gleich als total bescheuert ab, das war die Aufregung. Wirklich! Ich war an dem Tag nämlich so nervös, dass ich, nachdem ich mir Actimel über alle Notenblätter gekippt hatte, auch noch vergessen habe, das Aufgabenblatt umzudrehen. Ich habe die dritte und umfangreichste Aufgabe schlichtweg nicht bearbeitet. Kann man sich schwer vorstellen, war aber so. Also habe ich natürlich auch keine gute Punktzahl gehabt und wollte das in einer mündlichen Nachprüfung wieder gutmachen. Auch da war ich anscheinend zu nervös und habe überlesen, dass man auf dem Klavier nur die rechte Hand vorspielen soll. Ich habe beide geübt und dann keine Zeit mehr gehabt, mir die Aufgaben anzuschauen. Am Ende kam da was sehr Gutes bei raus, hat mich aber trotzdem nur auf 9 Punkte gerettet. Somit habe ich meinen Abischnitt verschlechtert und Musik studieren wollte ich auch nicht mehr. Das ist der Grund, warum ich Chemielehrerin geworden bin. Gott sei dank, sonst hätte ich meinen Mann ja nie kennen gelernt, wäre ich ja nach Frankfurt gezogen.
Lustiges aus dem Chemieunterricht
Warum man als Chemielehrerin gefährlich lebt?
Ich muss zugeben, vor einigen Versuchen habe ich großen Respekt. Die Gefahrensymbole auf den Chemikalien machen es da nicht besser. Ich weiß natürlich, wie man mit den Stoffen umgehen muss, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass man machen kann, was man will, es geht trotzdem immer was schief. Der Versuch, den ich schon gefühlte 100-mal gemacht habe, will dann plötzlich nicht mehr klappen. Da steht man dann vor der Klasse und schaut dumm aus der Wäsche, sucht irgendwelche Ausreden, warum es mal wieder nicht geklappt hat. Das kann damit zusammenhängen, dass Kollegen nicht immer sauber arbeiten oder die Verhältnisse einfach andere sind als beim letzten Mal.
So passiert bei meinem Lieblingsversuch, der explodierenden Dose. Eine Demonstration, dass Wasserstoff und Sauerstoff mit einem riesigen Knall und Feuererscheinung Wasser ergeben. Hat immer funktioniert. Wasserstoff rein, oben anzünden, Lehrerin geht weit weg, Boom. Nicht so beim letzten Mal. Wasserstoff rein, oben anzünden, Boom! Fehler gefunden? Ich hatte noch 2 Tage ein Piepsen im Ohr.
Oder bei der Rotweindestillation. Ich gebe zu, das war mein Fehler. Kann passieren, sollte nicht. Apparatur aufgebaut, Rotwein rein, Wasserbad an, läuft. Ups, Siedesteine vergessen. Die verhindern, dass die Suppe zu doll kocht und einfach rüber blubbert. Am Ende will man den Alkohol ja alleine haben. Also holt die Frau Lehrerin Siedesteine aus der Sammlung und zieht das Thermometer oben raus, um sie da reinzuwerfen. Boom! Rotwein oben an der Decke, tropft auf erschrockene Lehrerin. Schüler erst still, Mund offen, keiner traut sich zu lachen. Dann lachen wir alle. Die Schüler, weil es halt lustig aussah und ich aus Verzweiflung. Sch…-Versuch. Ich hätte drüber nachdenken können, dass sich beim Erhitzen ein Druck aufbaut. Aber ich habe den Versuch dieses Schuljahr wieder gemacht und es hat alles geklappt. Ich lerne dazu!
Noch eine letzte Anekdote bevor ich euch langweile. Wir vergolden Kupfermünzen. Netter, total ungefährlicher Versuch. Aber es wird ätzende Lauge benutzt. Die habe ich mit einem Zewatuch aufgewischt und in den Papierkorb geschmissen. Womit ich nicht gerechnet habe, war die Aggressivität der Lauge. „Frau Lehrerin!“ „Frau Lehrerin!“ „Ich kann jetzt nicht, siehst du das nicht?“ „Aber der Mülleimer brennt!“ Ups. Und ich sag euch eins. Alles, was ich gelernt habe (Löschdecke wäre zum Beispiel nicht so verkehrt gewesen), vergessen. Einfach mal mit der Hand reingegriffen und das brennende Papier rausgeholt. Ab ins Waschbecken und Wasser drüber. Hauptsache schnell alles im Griff haben und total souverän schauen. Sich dabei aber fast in die Hose machen. Ich sag’s euch. Das klingt witzig, aber in dem Moment? Ne.
Ansonsten klappt bei mir aber das meiste. Nicht, dass ihr das Kultusministerium gleich mal anruft. Da sind schon ein paar mehr Flecken an der Decke und die sind nicht alle von mir! Und wirklich passiert ist mir auch noch nie was. Bin nur manchmal zu ängstlich für den Job. Wenn man da von Kollegen anderer Schulen hört, die den Abzug in die Luft sprengen oder den ganzen Raum in Brand setzen, da kann man schon mal vorsichtig werden.
Chemieunterricht Experimente
Und was ist mit den Schülern?
 
Die leben auch alle noch. Einer hat mal Brandblasen davon getragen, weil er meinte, das Reagenzglas anfassen zu müssen, nachdem er es 5 Minuten in den Brenner gehalten hat. Super Idee! Ein Mädchen hat ein paar Haare über dem Bunsenbrenner lassen müssen und eine Jacke hat einen Brandfleck. Das war’s. Finde ich ok in 10 Jahren. Ok, ich habe den Schüler vergessen, der meinte, er muss Papier auf seinem Tisch stapeln und ein Lagerfeuer machen. Nicht lustig.
Gefahren im chemieunterricht
Ich glaube, ich muss jetzt mal aufhören, sonst liest das kein Mensch mehr. Ich könnte jetzt ewig weiterschreiben. Ich kann euch auch mal nette Versuche für Zuhause vorstellen, die jeder nachmachen kann. Da lernen die Kleinen noch was 😉